Die Ausstellung The After Gertrude Stein Trilogy stellt in den unmittelbar benachbarten Projekträumen uqbar und Kronenboden Foto- und Videoarbeiten des Künstlerduos Kathrin Lock und Tim Brotherton vor.
Zusammen mit jungen Schauspielern in Johannesburg, Süd-Afrika (Bag Factory, 2008), in Berlin (P14 Jugendgruppe der Volksbühne, 2009) und in Brüssel (Kunst und Performanz Center Beursshouwburg, 2010) haben die Künstler in einem partizipatorischen Prozess Gertrude Steins dadaistische Faustversion Dr. Faustus lichterloh neu interpretiert. Entstanden sind drei sehr unterschiedliche Versionen des Materials, die als filmische Adaptionen gezeigt werden.
In Steins Version der historischen Faustlegende verspricht Dr. Faustus dem Teufel seine Seele, um im Gegenzug elektrisches Licht erfinden zu können. Die Erfüllung, die sich Dr. Faustus erhofft hatte, stellt sich nicht ein und hinterlässt ihn desillusioniert und enttäuscht. Das Stück ist in dadaistischer Schreibweise offen strukturiert. Steins Charaktere sind uneindeutig und vielschichtig. Sie sprechen in Metaphern, durch Widerholungen und Anspielungen, durch fragmentierte und entkörperlichte Stimmen. Alle Charaktere sind frustriert und haben große Schwierigkeiten, sich in einer durch zunehmende Unmenschlichkeit, fortschreitende Technologisierung und Modernisierung geprägten Welt zurecht zu finden.
Mit seinen Kernfragen nach Moral, Identität, Wert und Verrat in modernen Gesellschaften diente das Stück als Ausgangspunkt der Diskussion zwischen Künstlern und Schauspielern. In einem partizipatorischen Prozess wurden Handlung, Szenen und Bühnenbild gemeinsam, aufbauend auf folgende Fragestellungen, entwickelt: Wie positioniert sich eine Generation, die in einer bereits globalisierten Welt aufgewachsen ist? Inwieweit prägen sie die allgegenwärtigen Ideologien, die vom Einzelnen erwarten, sich ständig nach den neoliberalen Paradigmen zu verbessern und neu zu erfinden? Wie positioniert sich diese Generation in einer Welt, die von Arbeitslosigkeit und einem ständig wachsenden Materialismus geprägt ist? Ziel war, Szenarien zu schaffen, in denen die Beteiligten frei über ihre Ziele und Erwartungen sprechen, ohne das allzu gegenwärtige Bezugssystem der kommerziellen Warenwelt zu benutzen.
Neben den Videoarbeiten sind Fotografien aus der in Südafrika entstandenen Fotoserie Smokes and Mirrors zu sehen. Die Straßen von Johannesburg sind gesäumt von Postern der Boulevardpresse und ihren sensationslustigen Schlagzeilen. Allgegenwärtig sind sie fester visueller Bestandteil des heutigen Stadtbildes. In sensationslüsternen Schlagzeilen markieren sie soziale Trennungslinien und rassistische Ausgrenzung innerhalb der südafrikanischen Gesellschaft. Für die Serie wurden derartige Poster zu Kleidung umfunktioniert. Die Schauspieler aus After Gertrude Stein posieren, gehüllt in diese Kleider, in stillgelegten Goldminen, die sich in der städtischen Umgebung von Johannesburg befinden. Smokes and Mirrors nimmt Bezug auf John Heartfields Fotomontage Wer Bürgerblätter liest wird dumm und taub. Weg mit den Verdummungsbandagen! von 1930.
Parallel zur Präsentation bei uqbar und Kronenboden zeigt die Galerie September, Charlottenstrasse 1, 10969 Berlin, vom 25. Juni bis 13. August 2011 weitere Foto- und Wandarbeiten des Künstlerduos unter dem Titel Consumed Spirits.
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