Mit Omas Leuchter fing alles an!

MIT OMAs LEUCHTER FING ALLES AN!

Meine Großmutter hatte in ihrem Wohnzimmer einen Kronleuchter aus Messing mit Armen, an deren Enden künstliche Kerzen waren, auf denen die Glühbirnen saßen. Wenn man unter dem Leuchter durchging, musste man den Kopf einziehen, ansonsten hätte man die Spitze der Mitte des Leuchters zu spüren bekommen. Der Leuchter gehörte zu Oma wie ihre Kohlrouladen. Immer, wenn ich bei Oma in den letzten Jahren zu Besuch war, habe ich sie fotografiert. Das Licht des Leuchters hat selten ausgereicht, um für ein Foto genug Licht auf die Personen zu werfen. Zudem waren manchmal nicht alle Glühbirnen eingeschraubt um Strom zu sparen.
Unterwegs und auf Reisen sehe ich mir gerne Kirchen an. Es sind Orte, die nicht laut hinter mir her rufen wie andere Objekte in den Städten und in denen es im Sommer kühl ist. Ich gehe rein, um mich zu entspannen, und wenn ich entspannt bin, kann ich das aufnehmen, was sich zeigt. Architektur, Zeitgeschichte und Kunst, Situationen mit den Besuchern oder Konzerte. Die Lichtsituationen in den Kirchen sind oft besonders, haben viele Tiefen Modulationen durch Lichteinfälle von außen, aber auch durch Säulengänge, Nischen und auch künstliche Lichtakzente. Es scheint hindurch. Nur dieser Zustand des Durchscheinens als solcher gefällt mir und lässt mich fotografieren.
Mir ist es angenehm, dass sich die Menschen dort meist leiser und langsamer verhalten als vor der Tür. Vielleicht sitze ich einfach nur auf einer Bank und schaue umher, oft nach oben. Viele Gebäude dieser Art sind hoch, haben hohe Fenster, man kann praktisch am Geschehen unten vorbei sehen. Oben sind eben oft diese Leuchter. Wie zu Hause bei Oma. Irgendwann habe ich angefangen sie zu fotografieren.
In der Ausstellung möchte ich einige Aufnahmen der Leuchter an die Decke hängen und den Besuchern Spiegel zur Verfügung stellen, um sie von unten durch die Spiegel zu anzuschauen, ohne den Hals nach oben recken zu müssen. Im Spiegel können sie gleichzeitig sich selbst sehen oder andere Menschen, aber auch die Leuchter. Das Oben und das Unten, das Innen und Außen gleichzeitig. Der Spiegel erleichtert das unbeobachtete Beobachten. Ähnlich wie durch eine Kamera. Es wird eine bewegte Inszenierung.
Die Aufnahmen sind teilsweise sehr plastisch und andere wieder fast flach, je nach Deckenbeschaffenheit, Licht im Raum und Leuchtermodell, aber auch abhängig von meinem Standpunkt. Ich suche nach dem abstrakten Ornament des Leuchters, ohne die Räumlichkeit im Bild zu verlieren. Der fotografische Prozess ist ein Hin- und Herschwingen unter dem Licht.

Anja Teske November 2019