Im Rahmen des Caruso Festivals CARUSO SINGS AGAIN in Berlin findet am Mittwoch den 21.2.2018 um 18:00 Uhr folgende Veranstaltung statt, zu der ich herzliche einladen möchte:
UND DIE STIMME SINGT WEITER: CARUSO ALS SIGNAL.
Halbwissenschaftliche Gedanken zur grammophonen Aufnahmesituation
von und mit Prof. Dr. Wolfgang Ernst
Die „Aufnahme“ wird im doppelten Sinne verstanden: einmal die Produktion phonographischer Aufzeichnungen, sodann aber auch die Situation, in welche Menschen gestellt werden, die körperlose Stimmen vernehmen.
Historisch wird Carusos Gesang in der Vergangenheit kontextualisiert; das Gehör aber ist von der Präsenz einer Stimme affiziert, wenn sie nach einem Jahrhundert aus einem Grammophon ertönt. Diese „musikalische Situation“ (Günther Stern) ist radikal ahistorisch und wird vielmehr von Gnaden der Speichermedien zeitversetzt wieder-holbar.. Auch der Hund Nipper unterschied angesichts von „His Master’s Voice“ von Grammophon nicht zwischen dessen Leben oder Tod.
Die Stimme als Signal wird damit zugleich als etwas Unmenschliches, „seelenlos“ erfahren (das antike Sirenen-Motiv); für Sigmund Freud ist die Psyche ein Apparat. Entgegen der hermeneutischen Fixierung auf die „historische“ Figur hinter der Stimme namens Enrico Caruso schenkt Medienarchäologie (als Methode und als Technologie) auch den Tonträgern selbst ihr Gehör. Diesseits der biographischen Phantasien wird die Stimme als Signal analysiert ; aktuelle Spektrographie erinnert an die Vorgeschichte des Edison-Phonographen selbst (Scotts Phonautographen). Der phänomenologischen Beglückung durch Carusos Stimme (Thomas Mann’s „Fülle des Wohllauts“) wird das eiskalte technomathematische Ohr beiseite gestellt.
Am Ende stehen die künstlichen Stimmen, die kein Mensch mehr hervorbringt.